Wikipedia:WikiProjekt Umgang mit bezahltem Schreiben/Offener Brief

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Hinweise einiger Wikipedia-Autoren an Angehörige der Public-Relations-Profession

Liebe PR-Professionelle

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Liebe PR-Professionelle,

wir müssen reden – leider. Aber schön, dass es mal dazu kommt. Eigentlich war das mal anders geplant: eigentlich war der Plan, dass wir hier friedlich und nett an einer Enzyklopädie für die Ewigkeit basteln, und Sie halt irgendwo anders PR machen. Der Plan scheiterte in dem Moment, als Wikipedia erfolgreich wurde, und auch noch begann, Themen für das Hier und Jetzt statt für die Ewigkeit aufzunehmen. Wikipedia hat und hatte Einfluss auf den Ruf, und wo es gilt einen Ruf zu wahren, aufzubauen oder zu beschädigen, sind Sie, liebe PR-Profis, nicht weit. Grundsätzlich ist die Sache ja einfach: Wikipedianerinnen und Wikipedianer haben nicht wirklich Lust auf PR-Professionelle, und die meisten PR-Profis haben auch nicht wirklich Lust auf Wikipedia: hier steht anders als bei Facebook oder Twitter kein großes Willkommensschild, sondern dutzende Leute stehen am Wegesrand und zischen „Geht weg! Verschwindet!“

Nun ist Wikipedia leider trotzdem eine der größten und wichtigsten Websites der Welt geworden – Ihre Chefs und Auftraggeber wollen hier gut dastehen. Und, ungern geben wir es zu: ab und an haben sie auch ein berechtigtes Anliegen.

Jetzt hat uns die Welt in ihrem Lauf aneinander gekettet. Weder werdet ihr Wikipedia nach Euren Vorstellungen umschreiben können, noch werden wir Euch komplett aus Wikipedia raushalten können. Was also könnt Ihr sinnvolles mit dieser Situation machen?

Ganz grundsätzlich: Wikipedia ist kein Social Media

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Wer mit den Erwartungen und Rezepten an Wikipedia herangeht, die er aus Social Media kennt, wird scheitern. Weder gibt es in Wikipedia die Möglichkeit, verschiedene Seiten einer Geschichte darzustellen, noch geht es darum, sich selbst zu präsentieren. In Wikipedia gibt es einen Artikel, der keine Wertung und keine Aufforderungen enthalten soll. In dieser Gatekeeperfunktion hat Wikipedia deutlich mehr mit klassischen Medien zu tun, als mit Social Media – nur sind die Redakteure bei Wikipedia über Deutschland, die Schweiz und Österreich verstreut, oft anonym, nur in ihrer Freizeit erreichbar, und nur in seltenen Fällen an Ruhm, Geld oder anderen Oberflächlichkeiten interessiert. Wikipedia ist ein klassisches Medium mit ein paar eingebauten Extra-Schwierigkeiten.

Artikel schreiben – eher nicht

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Letztens hat eine semi-seriöse PR-Agentur eine Pressemitteilung durch die Welt geschickt unter der Überschrift „Wikipedia editieren jetzt erlaubt.“; dem ist nicht so. Die Wikipedia-interne Regel lautet in ihrer Zusammenfassung eher „Unter ganz speziellen Umständen, unter Beachtung zahlreicher Verfahrensweisen ist es nicht immer so, dass man gesperrt wird, wenn man als PR-Profi einen Artikel anfasst.“ Selbst bei großzügiger Auslegung der Wikipedia-Regeln ist das keine Erlaubnis. Die Mindestanforderung an das aktive Mitarbeiten in Wikipedia ist Transparenz. Geben Sie sich allen Mitarbeitern zu erkennen. Darüber hinaus gilt das Quellengebot: Alles, was Sie in Wikipedia schreiben, muss durch reputable Quellen belegt sein. Für die Geschäftszahlen ist dafür im Normalfall der Jahresbericht ausreichend, für fast alles andere benötigt es externe Quellen.

Andererseits: Lassen Sie es lieber bleiben, tiefer einzugreifen als in Geschäftszahlen und unbestreitbare Kerndaten (Sitz, Geschäftsführer etc.) – das bringt allen Beteiligten nur Unglück. Fazit also: Wenn man nur nach den Wikipedia-Regeln geht, ist es nicht ganz ausgeschlossen, als PR-Profi mit Interessenkonflikt einen Artikel zu editieren. Die Gemengelage dort ist aber so unübersichtlich, dass in jeder Hinsicht davon abzuraten ist.

Soweit zur Lage der Regeln in der Wikipedia. Darüber hinaus ist Wikipedia keine Insel im Nirgendwo. Ganz unabhängig von den Wikipedia-Regeln gibt es auch noch PR-Ethik-Codes und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Wie Ihr Verhalten dazu ist, klären Sie besser mit dem Zuständigen im Unternehmen und der Rechtsabteilung. Wikipedia macht keine Rechtsberatung. Unser Tipp: Fast alles, was Sie direkt innerhalb der Artikel bearbeiten wollen, ist nicht erlaubt.

In Notfällen: Mails schreiben

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Bei Wikipedia darf jede und jeder mitschreiben. Trotz intensiver und umfangreicher Kontrollmaßnahmen ist es möglich, dass dadurch Inhalte in der Wikipedia stehen, die dort nicht hinein gehören. Diese Inhalte können unter Umständen rufschädigend oder persönlich verletzend sein.

Wenn man von einem solchen Eintrag betroffen ist, sollte man jeden Gedanken an Aktionen auf der Website sein lassen, und eine Mail an

info@wikipedia.de

senden.

Dort wird am schnellsten und unkompliziertesten geholfen. Aber Achtung: Am anderen Ende der E-Mail sitzen auch nur Freiwillige. Und deren Auffassung, was ein Notfall ist, unterscheidet sich oft von der Auffassung der Anfragenden. Bei Nicht-Notfällen sind die Chancen hoch, von dort keine oder eine persönlich unbefriedigende Antwort zu erhalten.

Für Aktionen in der Wikipedia: Transparent auftreten

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Grundvoraussetzung jeder erträglichen Interaktion zwischen PR-Profis und Wikipedianern ist Transparenz auf Seiten der Ersteren.

Wer beispielsweise:

  • In direktem oder indirektem bezahltem Auftrag einer Person oder Organisation Wikipedia bearbeitet,
  • Chef/Eigentümer/in leitender Position in einer Organisation ist, und vorhat, Themen im direkten Umfeld dieser Organisation zu bearbeiten,
  • In der Öffentlichkeitsarbeit einer Organisation beschäftigt ist, und vorhat, Themen im direkten Umfeld dieser Organisation zu bearbeiten,

sollte unbedingt transparent auftreten, und seine Interessenkonflikte offen legen.

Um in der Wikipedia transparent auftreten zu können, gelten vier Grundregeln:

  • Accounts, die beruflich im Interessenkonflikt editieren, sollten nicht auch noch private Edits machen – das ist Verschleierung.
  • Wenn ein Account im Namen einer Organisation oder Person genutzt wird, sollte dies am Accountnamen erkennbar sein.
  • Zusätzlich muss der Account verifiziert werden: Das heißt, gegenüber dem Support-Team der Wikipedia muss nachgewiesen werden, dass der Account wirklich zur Person/Organisation gehört. Dazu reicht es aus, eine E-Mail von einer eindeutig identifizierbaren Adresse an info@wikipedia.de zu schicken und auf den Account hinzuweisen. Der Account wird dann vom Support-Team gekennzeichnet.
  • Auf der Profilseite zum Account sollten Basisinformationen stehen: Wer bedient diesen Account? In wessen Namen spricht er? Und wie ist der Accountinhaber außerhalb der Wikipedia erreichbar?

Fragen ist immer gut, diskutieren ist erlaubt

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Wikipedianerinnen und Wikipedianer sind nicht wirklich begeistert, wenn ein PR-Profi sich in die Wikipedia begibt. Aber im Normalfall sind die meisten der regelmäßigen Mitwirkenden der Wikipedia-trotzdem gut erzogen, höflich und in Grenzen hilfsbereit. Wenn PR-Profis eine Frage haben, unsicher oder hilflos sind, gibt es mehrere Stellen, an denen sie anfragen können. Für Fragen gibt es folgende Anlaufstellen:

  • Fragen von Neulingen: Für allgemeine Fragen von unerfahrenen Nutzern, gibt es diese Seite.
  • Das Mentorenprogramm: Hier betreuen Freiwillige Neulinge in der Wikipedia. Diese Mentoren gehen im Normalfall davon aus, dass ihre Mentees langfristig und freiwillig in der Wikipedia mitmachen wollen.
  • Der Relevanzcheck: Hier geben Freiwillige unverbindlich Auskunft darüber, ob ein Artikelgegenstand überhaupt relevant ist.

Bei allen Fragen wie auch Diskussionsbeiträgen gilt Geduld. Wikipedianer sind Freiwillige. Sie haben keinen Arbeitstag, sondern arbeiten unregelmäßig dann, wenn sie Lust haben. Das bedeutet zum einen, dass Reaktionen auf sich warten lassen können. Zum anderen bedeutet es aber auch, dass man sie motivieren muss, überhaupt tätig zu werden. Ein angemessener Tonfall ist dazu ebenso wichtig wie die Relevanz der eigenen Argumente.

Inhalte zur Verfügung stellen ist erlaubt

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In den Wikipedia-Projekten gibt es eine einfache Grundregel: Inhalte sind gut, Meinung und Manipulation sind schlecht. Als ausschließlich interessengeleitete Bearbeiter, ist es für PR-Profis nahezu unmöglich, sinnvoll direkt in die Wikipeida einzugreifen. Es gibt aber die Möglichkeit, ehrenamtliche Wikipedianer mit guten Inhalten zu überzeugen.

Möglich ist es beispielsweise, Inhalte (zum Beispiel Bilder, Videos, Dokumente) zur Verfügung zu stellen – diese können von Wikipedianern genutzt werden, müssen es aber nicht. Je eher ein Inhalt wikipedianischen Grundsätzen entspricht, also inhaltsreich ist, emotional neutral ist und aus hochwertiger Quelle, desto eher gibt es Chancen, dass er positiv aufgenommen und eventuell in Artikeln verwendet wird. Wichtig dabei ist: Laden Sie den Inhalt auf commons hoch. Weisen Sie interessierte Wikipedianer darauf hin, dass der Inhalt existiert. Aber bauen Sie die Inhalte nicht selber in Wikipedia ein.

Aber auch für das Hochladen müssen die Inhalte unter einer freien Lizenz stehen. Klären sie dies vorher: Das Urheberrecht ist komplex, und kann für denjenigen, der sich nicht damit auskennt, einige überraschende Fallstricke enthalten.

Die meisten Verträge mit Fotografen beispielsweise enthalten nicht so weitreichende Freigaben, wie sie für die Freigabe eines Fotos unter einer Freien Lizenz nötig sind. Auch ist oft innerhalb einer Organisation nicht bis ins Detail bekannt, welche Rechte die Organisation genau besitzt.

Selbst wenn dies noch kein Problem beim Hochladen ist, schaffen Sie sich langfristig jede Menge Probleme, wenn die Lizenzen nicht wirklich wasserdicht geklärt sind.

Einige Argumente für den Chef

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Nun kann es sein, dass Sie alles oben gelesen und verstanden haben; und Sie sowieso der Meinung sind, dass Sie bei für Eigendarstellung empfänglicheren Websites viel besser aufgehoben sind. Trotzdem aber haben Sie den Arbeitsaufrag, doch mal den Wikipedia-Artikel in Ordnung zu bringen. Deshalb hier ein paar Argumente, die Sie ihrem Chef sagen können:

  • Arbeit in Wikipedia ist nicht messbar: Für keine andere größere Website der Welt existieren so wenige Analysemöglichkeiten für den Erfolg oder Misserfolg des eigenen Tuns.
  • Es ist aufwändig. Bei allem Guten, was man über Wikipedia sagen kann, sie hat auch ein paar schlechte Seiten. Wie zum Beispiel ein byzantinisches Regelwerk voller Ausnahmeregelungen und ungeschriebener Gesetze. Rechnen Sie mal ihrem Chef vor, wieviel Arbeitszeit der entlohnen muss, bis Sie auch nur die wesentlichen Grundlagen verstanden haben.
  • Es ist verboten: Die Chancen sind hoch, dass alles, was Sie tun wollen, gegen Wikipedia-interne Richtlinien, deutsche Gesetze oder die Ethik-Codes der PR-Branche verstößt.
  • Die Presse: Wenn der Versuch des Wikipedia-Editierens schief geht, gibt es Chancen, dass das nächste Woche im Spiegel steht – und zwei Minuten später auch in der Wikipedia. Diese schlechte PR macht kein noch-so-erfolgreiches-Wikipedia-schreiben wieder weg.
  • Kontrollverlust: Speziell für das Anlegen von Artikeln. Anders als bei der eigenen Homepage oder dem Facebook-Auftritt, kann im Wikipedia-Artikel wirklich jeder schreiben und Inhalte ändern. Wikipedianer zum Beispiel ändern gerne feststehende Sprachregelungen eines Unternehmens, schreiben Erfolge herunter oder fügen längliche Kritikabschnitte ein. Wollen Sie das wirklich auch noch provozieren?

Und zum Schluss der Anhang mit Adressen und Websites: