Im mathematischen Gebiet der Darstellungstheorie von Gruppen kann man mittels der induzierten Darstellung aus einer Darstellung einer Untergruppe eine Darstellung der sie enthaltenden Gruppe konstruieren.
Mit Hilfe der Einschränkung (engl.: restriction) kann man aus einer Darstellung
einer Gruppe eine Darstellung
einer Untergruppe erhalten.
Die Frage, die sich nun stellt, ist die nach dem umgekehrten Prozess. Kann man aus einer gegebenen Darstellung
einer Untergruppe eine Darstellung der ganzen Gruppe erhalten?
Man stellt fest, dass die im Folgenden definierte induzierte Darstellung
genau das Gesuchte liefert. Allerdings ist diese Konstruktion nicht invers, sondern adjungiert zur Einschränkung.
Sei
eine lineare Darstellung von
Sei
eine Untergruppe und
die Einschränkung. Sei
eine Teildarstellung von
Schreibe
für diese Darstellung. Sei
der Vektorraum
hängt nur von der Linksnebenklasse
von
ab. Sei
ein Vertretersystem von
dann ist
eine Teildarstellung von
Eine Darstellung
von
in
heißt induziert durch die Darstellung
von
in
falls
Dabei ist
ein Vertretersystem von
wie oben und
für jedes
Anders formuliert:
Die Darstellung
ist induziert von
falls jedes
eindeutig als
geschrieben werden kann, wobei
für jedes
Wir schreiben
oder kurz, falls keine Verwechslungsgefahr besteht,
für die von der Darstellung
von
induzierte Darstellung von
Man verwendet auch oft die Darstellungsräume anstatt der Darstellungsabbildung und schreibt
bzw. kurz
falls die Darstellung
von
induziert ist.
Alternative Beschreibung der induzierten Darstellung
Über die Gruppenalgebra erhalten wir eine alternative Beschreibung der induzierten Darstellung:
Sei
eine Gruppe,
ein
-Modul und
ein
-Untermodul von
zur Untergruppe
von
Dann heißt
von
induziert, falls
wobei
auf dem ersten Faktor operiert:
für alle
Die in diesem Abschnitt vorgestellten Ergebnisse werden ohne Beweis präsentiert. Diese können in[1][2] nachgelesen werden.
Eindeutigkeit und Existenz der induzierten Darstellung
Sei
eine lineare Darstellung einer Untergruppe
von
Dann existiert eine lineare Darstellung
von
die von
induziert wird und diese ist bis auf Isomorphie eindeutig.
Transitivität der Induktion
Sei
eine Darstellung von ![{\displaystyle H.}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/8933ae7244305ae7824aa18e077d1cf946e2ee9d)
Für eine aufsteigende Kette von Gruppen
gilt
![{\displaystyle {\text{Ind}}_{G}^{K}({\text{Ind}}_{H}^{G}(W))\cong {\text{Ind}}_{H}^{K}(W).}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/1b7fb30868f7aed52a9466ce09841e6030047c1a)
Lemma: Sei
von
induziert und sei
eine lineare Darstellung von
und sei
eine lineare Abbildung mit der Eigenschaft, dass
für alle
Dann existiert eine eindeutig bestimmte lineare Abbildung
die
fortsetzt und für die
für alle
gilt.
D. h., wenn man
als
-Modul auffasst, gilt:
, wobei
den Vektorraum aller
-Homomorphismen von
nach
bezeichnet. Gleiches gilt für
Induktion auf Klassenfunktionen
Wie bei Darstellungen können wir auch, über sog. Induktion, aus Klassenfunktionen auf einer Untergruppe eine Klassenfunktion auf der großen Gruppe erhalten.
Sei
eine Klassenfunktion auf
Definiere die Funktion
auf
durch
![{\displaystyle \varphi '(s)={\frac {1}{|H|}}\sum _{t\in G \atop t^{-1}st\in H}^{}\varphi (t^{-1}st).}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/91e08b5e8aaa55c62c5b9b136457f363911d3064)
Wir sagen,
ist von
induziert und schreiben
oder
Proposition: Die Funktion
ist eine Klassenfunktion auf
Falls
der Charakter einer Darstellung
von
ist, dann ist
der Charakter der induzierten Darstellung
von
Lemma: Falls
eine Klassenfunktion auf
ist und
eine Klassenfunktion auf
gilt:
![{\displaystyle {\text{Ind}}(\psi \cdot {\text{Res}}\varphi )=({\text{Ind}}\psi )\cdot \varphi .}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/e507f284e55a265a4a9900f30401adbd3713eca4)
Satz: Sei
die durch die Darstellung
der Untergruppe
induzierte Darstellung von
und seien
die korrespondierenden Charaktere. Sei
ein Vertretersystem von
Für jedes
gilt:
![{\displaystyle \chi _{\rho }(t)=\sum _{r\in R, \atop r^{-1}tr\in H}^{}\chi _{\theta }(r^{-1}tr)={\frac {1}{|H|}}\sum _{s\in G, \atop s^{-1}ts\in H}^{}\chi _{\theta }(s^{-1}ts).}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/3efb564a545033f5d0491e18e56841edd8d444ed)
Die Frobeniusreziprozität sagt einerseits, dass die Abbildungen
und
adjungiert zueinander sind. Betrachten wir andererseits mit
eine irreduzible Darstellung von
und sei
eine irreduzible Darstellung von
dann erhalten wir mit der Frobeniusreziprozität außerdem, dass
so oft in
enthalten ist wie
in
Sei
und sei
, dann gilt
![{\displaystyle \langle \psi ,{\text{Res}}\varphi \rangle _{H}=\langle {\text{Ind}}\psi ,\varphi \rangle _{G}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/b36225bb0163cb45ab8e3f346cdda3c4c4361629)
Die Aussage gilt ebenso für das Skalarprodukt.
Die induzierte Darstellung
ist genau dann irreduzibel, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:
ist irreduzibel.
- Für jedes
sind die zwei Darstellungen
und
von
disjunkt.
In diesem Abschnitt werden einige Anwendungen der bisher vorgestellten Theorie auf normale Untergruppen und auf eine besondere Gruppe, das semidirekte Produkt einer Untergruppe mit einem abelschen Normalteiler, vorgestellt.
Proposition: Sei
eine normale Untergruppe der Gruppe
und sei
eine irreduzible Darstellung von
Dann gilt:
- Entweder gibt es eine echte Untergruppe
von
die
enthält und eine irreduzible Darstellung
von
die
induziert
- oder die Einschränkung von
auf
ist isotypisch.
Falls
abelsch ist, ist der zweite Punkt der obigen Proposition äquivalent dazu, dass
eine Homothetie ist für jedes
Wir erhalten außerdem das folgende
Korollar: Sei
eine abelsche, normale Untergruppe von
und
eine beliebige irreduzible Darstellung von
Sei
der Index von
in ![{\displaystyle G.}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/dc645a5b7e8a2022ad70fc42dbda04c008a33a9a)
Dann gilt: ![{\displaystyle {\text{deg}}(\tau )|(G:A).}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/846daa908e3f809dd58d1c38e74d49a9b16021e1)
Ist
eine abelsche Untergruppe von
(nicht unbedingt normal), so gilt im Allgemeinen nicht mehr
jedoch gilt weiterhin
Im Folgenden zeigen wir, wie alle irreduziblen Darstellungen einer Gruppe
die semidirekte Produkte eines abelschen Normalteilers
und einer Untergruppe
sind, klassifiziert werden.
Seien im Folgenden
und
Untergruppen der Gruppe
wobei
normal ist. Im Folgenden nehmen wir an, dass
abelsch ist, und
das semidirekte Produkt von
und
also
.
Nun klassifizieren wir die irreduziblen Darstellungen einer solchen Gruppe
indem wir zeigen, dass die irreduziblen Darstellungen von
aus bestimmten Untergruppen von
konstruiert werden können. Dies ist die Methode der „kleinen Gruppen“ von Wigner und Mackey.
Da
abelsch ist, haben die irreduziblen Darstellungen von
Grad
und die zugehörigen Charaktere bilden eine Gruppe
. Die Gruppe
operiert auf
durch
für ![{\displaystyle s\in G,\chi \in \mathrm {X} ,a\in A.}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/56b9fc3270299e0bd255134e93bd458422c1201d)
Sei
ein Vertretersystem der Bahn von
in
Für jedes
sei
Dies ist eine Untergruppe von
Sei
die korrespondierende Untergruppe von
Dann dehnen wir die Funktion
auf
aus, in dem wir
für
setzen.
Damit ist
eine Klassenfunktion auf
Da
für alle
kann man zeigen, dass
außerdem ein Gruppenhomomorphismus von
nach
ist. Es handelt sich also um eine Darstellung von
vom Grad
, die ihrem eigenen Charakter entspricht.
Sei nun
eine irreduzible Darstellung von
Dann erhält man eine irreduzible Darstellung
von
in dem man
mit der kanonischen Projektion
verknüpft. Schließlich bilden wir das Tensorprodukt von
und
und erhalten eine irreduzible Darstellung
von ![{\displaystyle G_{j}.}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/0ab1f50af80458c59a454167a739df4cfa15e0b0)
Um nun die Klassifizierung zu zeigen betrachten wir die Darstellung
von
die von
induziert ist.
Damit erhalten wir folgendes Ergebnis:
Proposition:
ist irreduzibel.
- Falls
und
isomorph sind, dann ist
und
ist isomorph zu ![{\displaystyle \rho '.}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/bfa47785f4d4a551d64efafb7e19621d4d9a220f)
- Jede irreduzible Darstellung von
ist isomorph zu einer der ![{\displaystyle \theta _{j,\rho }.}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/36198b5a78f84a2bbd3f2f20904ce3926cb2d893)
Für den Beweis der Proposition wird unter anderem das Kriterium von Mackey und eine Folgerung aus der Frobeniusreziprozität benötigt. Mehr Details finden sich in [3].
D. h., wir haben alle irreduziblen Darstellungen der Gruppe
klassifiziert.
Satz: Sei
eine Familie von Untergruppen einer endlichen Gruppe
Sei
der Homomorphismus, definiert durch die Familie der
Dann sind die folgenden Eigenschaften äquivalent:
- Der Kokern von
ist endlich.
ist die Vereinigung der Konjugate der zu
gehörenden Untergruppen, also ![{\displaystyle G=\bigcup _{H\in X \atop s\in G}sHs^{-1}.}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/e98fcf49ac097201ed0fa715404e046e89e90d96)
Da
als Gruppe endlich erzeugt ist, kann man den ersten Punkt wie folgt umformulieren:
- Für jeden Charakter
von
existieren virtuelle Charaktere
und eine ganze Zahl
sodass ![{\displaystyle d\cdot \chi =\sum _{H\in X}{\text{Ind}}_{H}^{G}(\chi _{H}).}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/aa4d1bc7a29c7868ce8e18289254c6fc9fc2bc2f)
Der Satz gilt analog für die Ringe
und
da
Dieser Satzes wird in[4] bewiesen.
Korollar: Jeder Charakter von
ist eine rationale Linearkombination von Charakteren, die von Charakteren zyklischer Untergruppen von
induziert werden.
Dies folgt sofort aus dem Satz von Artin, da
die Vereinigung aller Konjugate seiner zyklischen Untergruppen ist.
Falls
eine abgeschlossene Untergruppe von endlichem Index in der kompakten Gruppe
ist, kann die Definition der induzierten Darstellung wie bei endlichen Gruppen übernommen werden.
Die induzierte Darstellung kann jedoch auch allgemeiner definiert werden, sodass die Definition auch gültig ist, falls der Index von
in
nicht endlich ist.
Sei dazu
eine unitäre Darstellung der abgeschlossenen Untergruppe
Die stetig induzierte Darstellung
wird wie folgt definiert:
Mit
bezeichnen wir den Hilbertraum aller messbaren, quadratisch integrierbaren Funktionen
mit der Eigenschaft, dass
für alle
Die Norm ist
und die Darstellung
ist gegeben durch Rechtstranslation: ![{\displaystyle I(s)\Phi (k)=\Phi (ks).}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/a99e9dc4a1b0590262e4dbba21c5260ed9bc2c17)
Die induzierte Darstellung ist dann wieder eine unitäre Darstellung.
Da
kompakt ist, zerfällt die induzierte Darstellung in die direkte Summe irreduzibler Darstellungen von
Dabei gilt, dass alle irreduziblen Darstellungen, die zum gleichen Isotyp gehören, mit der Vielfachheit auftreten, die
entspricht.
Sei
eine Darstellung von
dann gibt es einen kanonischen Isomorphismus
![{\displaystyle T\colon {\text{Hom}}_{G}(V_{\rho },I_{H}^{G}(\eta ))\to {\text{Hom}}_{H}(V_{\rho }|_{H},V_{\eta })=\langle V_{\eta },V_{I}\rangle _{G}.}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/bca5013966b5e90b179e3a2a55c7d4fa4ef703f7)
Die Frobeniusreziprozität überträgt sich mit der modifizierten Definition des Skalarproduktes und der Bilinearform auf kompakte Gruppen, wobei der Satz anstatt für Klassenfunktionen, hier für quadratisch integrierbare Funktionen auf
gilt und die Untergruppe
abgeschlossen sein muss.
- ↑ Jean-Pierre Serre: Linear Representations of Finite Groups. Springer Verlag, New York 1977, ISBN 0-387-90190-6
- ↑ William Fulton, Joe Harris: Representation Theory A First Course. Springer-Verlag, New York 1991, ISBN 0-387-97527-6
- ↑ Serre, op. cit.
- ↑ Serre, op. cit.