Die gitterfreie Kollokation ist ein numerisches Verfahren zur Lösung von partiellen Differentialgleichungen. Sie ist eine spezielle Variante von Approximationen durch radiale Basisfunktionen. Im Gegensatz zu anderen Verfahren, wie beispielsweise bei der Finite-Elemente-Methode, benötigt man keine Einteilung in Elemente oder ein strukturiertes Gitter.
Das Verfahren der gitterfreien Kollokation dient beispielsweise zur Lösung von elliptischen partiellen Differentialgleichungen.
Dabei müssen nur Lineare Gleichungssysteme (LGS) gelöst werden, numerische Integration und Erstellung von Gittern sind nicht nötig (siehe auch Vergleich mit anderen Methoden).
Die Lösung des Problems wird durch radiale Basisfunktionen approximiert, die nur von Abständen zwischen Punkten abhängen. Somit ist die Implementierung des Verfahrens weitestgehend von der Dimension des Problems unabhängig.
Bei den Verfahren der gitterfreien Kollokation wird die exakte Lösung durch Linearkombination
von Ansatzfunktionen (bzw. von Ansatzfunktionen, auf die der Differentialoperator angewandt wurde) approximiert.
Zur Erzeugung der Ansatzfunktionen
wird eine Menge von Ansatzzentren
in die radiale Basisfunktion
eingesetzt:
, hierbei ist
ein Parameter. Je nach Verfahren werden die Ansatzzentren im Gebiet (mit Rand) oder auch außerhalb des Gebiets gewählt.
Zur Bestimmung der Koeffizienten wählt man eine Menge von Kollokationszentren
, die nicht mit den Ansatzzentren zusammenfallen müssen.
Sei
ein Gebiet mit Lipschitz-Rand
,
ein elliptischer Differentialoperator,
eine Funktion in
und
eine Funktion auf
.
Gegeben sei folgendes Dirichlet-Problem:
![{\displaystyle {\begin{cases}u(x)=g_{D}(x)\quad x\in \partial \Omega \\Lu(x)=f(x)\quad x\in \Omega \end{cases}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/5a73e3f0e3ad22059a82c1adf78889341f12d276)
Zur Lösung mittels direkter Kollokation werden die
Ansatzzentren
und Kollokationszentren
aus
gewählt. Der Lösungsansatz ist:
.
Für jedes Kollokationszentrum
ergibt sich eine Gleichung, je nach Lage des Punktes. Sei
für
auf
und für
in
:
![{\displaystyle {\begin{cases}s(x_{i},\gamma )=\sum _{j=1}^{N}\lambda _{j}\varphi _{j}(x_{i},\gamma )=g_{D}(x_{i})\quad i=1,\ldots ,N_{B}\\Ls(x_{i},\gamma )=\sum _{j=1}^{N}\lambda _{j}L\varphi _{j}(x_{i},\gamma )=f(x_{i})\quad i=N_{B}+1,\ldots ,N\end{cases}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/3896cf582c9f7dbf5ee6186081461b61ceb48e70)
Dies führt zum LGS:
![{\displaystyle \left[{\frac {\varphi _{j}(x_{i})}{L\varphi _{j}(x_{i})}}\right]\cdot \lambda =\left[{\frac {g_{D}(x_{i})}{f(x_{i})}}\right]\qquad {\begin{cases}i=1,\ldots ,N_{B}\\i=N_{B}+1,\ldots ,N\end{cases}}\lambda =(\lambda _{1},\ldots ,\lambda _{N})\quad j=1,\ldots ,N}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/ae468de6ad98d8242cd0ae690aa2c6aef392885f)
Die gesuchten Koeffizienten
erhält man als Lösung dieses Systems. Die Wahl von Neumann-Randbedingungen ist ebenfalls möglich (auch in Kombination mit Dirichlet-Randbedingung), man muss lediglich die Lage der Kollokationszentren beachten. Der Nachteil bei dieser Variante ist, dass die Systemmatrix oftmals recht singulär und nicht symmetrisch wird.
Gegeben sei ein Dirichlet-Problem wie oben. Wähle Kollokationszentren
, wobei wiederum
für
auf
und für
in
liegt.
Die Ansatzfunktion ist:
Für jedes Kollokationszentrum ergibt sich folgende Gleichung:
![{\displaystyle {\begin{cases}s(x_{i},\gamma )=\sum _{j=1}^{N_{B}}\lambda _{j}\varphi _{j}(x_{i},\gamma )+\sum _{k=N_{B}+1}^{N}\lambda _{k}L\varphi _{k}(x_{i},\gamma )=g_{D}(x_{i})\quad i=1,\ldots ,N_{B}\\Ls(x_{i},\gamma )=\sum _{j=1}^{N_{B}}\lambda _{j}L\varphi _{j}(x_{i},\gamma )+\sum _{k=N_{B}+1}^{N}\lambda _{k}L^{2}\varphi _{k}(x_{i},\gamma )=f(x_{i})\quad i=N_{B}+1,\ldots ,N\end{cases}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/86c3841a7903c48fd04638992864c2c116f97ed7)
Wie bei der direkten Kollokation ergibt sich ein LGS mit den Koeffizienten
als Lösungen:
![{\displaystyle \left[{\frac {\varphi _{j}(x_{i})\;|\;L\varphi _{k}(x_{i})}{L\varphi _{j}(x_{i})\;|\;L^{2}\varphi _{k}(x_{i})}}\right]\cdot \lambda =\left[{\frac {g_{D}(x_{i})}{f(x_{i})}}\right]\qquad {\begin{cases}i=1,\ldots ,N_{B}\\i=N_{B}+1,\ldots ,N\end{cases}}j=1,\ldots ,N_{B}\quad k=N_{B}+1,\ldots ,N}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/862242474b91fef421367dc63d440c88a3188cd9)
Bei dieser Variante erhält man eine symmetrische Systemmatrix, wodurch sichergestellt wird, dass das LGS nicht singulär ist.
Da bei solchen Verfahren die Approximationsfehler am Rand oftmals groß werden, wird bei dieser Variante der gitterfreien Kollokation der Differentialoperator am Rand berücksichtigt. Die Anzahl der Ansatzfunktionen übersteigt dabei die der Kollokationszentren. Da sich die Anzahl der Gleichungen dadurch um
vergrößert, werden zusätzliche Ansatzzentren
außerhalb von
hinzugenommen.
Die Ansatzfunktion ist:
Im Gegensatz zur direkten Kollokation ergeben sich für Kollokationszentren auf dem Rand zwei Gleichungen (im Inneren nach wie vor eine):
![{\displaystyle {\begin{cases}s(x,\gamma )=\sum _{j=1}^{N+N_{B}}\lambda _{j}\varphi _{j}(x_{i},\gamma )=g_{D}(x_{i})\quad i=1,\ldots ,N_{B}\\Ls(x_{i},\gamma )=\sum _{j=1}^{N+N_{B}}\lambda _{j}L\varphi _{j}(x_{i},\gamma )=f(x_{i})\quad i=1,\ldots ,N\end{cases}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/4574161896dc9a7a9be1419f7e1c14209d507bb0)
Wiederum erhält man die
als Lösungen von:
![{\displaystyle \left[{\frac {\varphi _{j}(x_{i})}{L\varphi _{j}(x_{i})}}\right]\cdot \lambda =\left[{\frac {g_{D}(x_{i})}{f(x_{i})}}\right]\qquad {\begin{cases}i=1,\ldots ,N_{B}\\i=N_{B}+1,\ldots ,N+N_{B}\end{cases}}\quad j=1,\ldots ,N+N_{B}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/3469d877175e079f755c76b889cb4e194fa625e1)
Seien
und
wie oben und
. Um das Dirichlet-Problem mittels direkter Kollokation zu lösen werden die Kollokationszentren
, wobei
und
, und Ansatzzentren
gewählt. Mit der Basisfunktion
erhält man folgendes LGS:
![{\displaystyle {\begin{bmatrix}e^{-\gamma \|x_{1}-x_{1}'\|^{2}}&e^{-\gamma \|x_{1}-x_{2}'\|^{2}}&e^{-\gamma \|x_{1}-x_{3}'\|^{2}}\\\Delta e^{-\gamma \|x_{2}-x_{1}'\|^{2}}&\Delta e^{-\gamma \|x_{2}-x'_{2}\|^{2}}&\Delta e^{-\gamma \|x_{2}-x_{3}'\|^{2}}\\\Delta e^{-\gamma \|x_{3}-x_{1}'\|^{2}}&\Delta e^{-\gamma \|x_{3}-x_{2}'\|^{2}}&\Delta e^{-\gamma \|x_{3}-x_{3}'\|^{2}}\\\end{bmatrix}}\cdot {\begin{bmatrix}\lambda _{1}\\\lambda _{2}\\\lambda _{3}\end{bmatrix}}={\begin{bmatrix}g_{D}(x_{1})\\f(x_{2})\\f(x_{3})\end{bmatrix}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/240bdb69553058328abc9e0854572bb9bc444e8b)
Als Lösung ergibt sich somit:
Da bei diesem Verfahren kein Gitter aufgestellt werden muss, kann Rechenzeit gespart werden. Aufgrund der freien Wahl der Zentren kann eine bessere Anpassung an die Geometrie des Problems erreicht werden.
Andererseits muss eine Vergrößerung der Zentrenmenge nicht unbedingt zu einer Verbesserung des Ergebnisses führen.
Zur Verbesserung des Ergebnisses werden i. A. adaptive Verfahren zur Wahl der Zentren benutzt.
Obwohl das Verfahren kein Gitter benötigt, ist also die Wahl der Zentren dennoch von entscheidender Bedeutung.
Außerdem kann je nach Verfahren und Wahl der Zentren die Kondition der Systemmatrix sehr schlecht werden.
- Elisabeth Larsson, Bengt Fornberg: A Numerical Study of some Radial Basis Function based Solution Methods for Elliptic PDEs. In: Computers & Mathematics with Applications, Bd. 46 (2003), ISSN 0097-4943 (PDF).
- Holger Wendland: Scattered Data Approximation (Monographs on applied and computational mathematics; Bd. 17). Cambridge University Press, Cambridge 2005, ISBN 0-521-84335-9.