Biogeosphäre

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Die Biogeosphäre ist ein wenig verwendeter Begriff aus der Landschaftsökologie und Geobotanik mit vier unterschiedlichen Bedeutungen. Allen vier Begriffsbedeutungen ist gemeinsam, dass sie jeweils eine Erdsphäre mit einem mehr oder minder weit gefassten, ökologischen Begriffsinhalt bezeichnen. Begriffsinhaltlich reichen die Biogeosphäre-Begriffe von Synonymen für Physiosphäre bis zu Synonymen für Ökosphäre.

Varianten von Biogeosphäre lauten Bio-Geosphäre, Geobiosphäre, Geo-Biosphäre, Biosphäre-Geosphäre und Geosphäre-Biosphäre.

Biogeosphäre tauchte das erste Mal in den 1950er Jahren auf in der tschechischen Landschaftsökologie. Danach war der Begriff für viele Jahrzehnte vor allem unter Landschaftsökologen und Geobotanikern des Ostblocks in Gebrauch, die aber den Begriff nicht einheitlich benutzten. Darum kann Biogeosphäre in der Fachliteratur inzwischen mit insgesamt vier verschiedenen Bedeutungsinhalten vorgefunden werden.

Heute wird der Wort der Biogeosphäre nur noch selten benutzt. Das liegt unter anderem daran, dass für alle vier seiner jemals eingeführten Wortbedeutungen längst begriffsinhaltlich eindeutige – und deshalb weitgehend unmissverständliche – Wörter etabliert werden konnten.

Biogeosphäre-Begriffe
Autor Definition Begriff Wortvarianten Synonyme
Alois Zlatník Die unbelebte Umwelt der globalen Biozönose. abiotischer Biogeosphäre-Begriff
Vladimir Nikolayevich Sukachev Die Gesamtheit der irdischen Lebewesen der Festländer. terrestrisch-biotischer Biogeosphäre-Begriff
  • Bio-Geosphäre
  • Geobiosphäre
  • Geo-Biosphäre
Die Gesamtheit der irdischen Lebewesen der Festländer mitsamt ihrer unbelebten Umwelt einschließlich der Wechselwirkungen der Lebewesen untereinander und mit ihrer unbelebten Umwelt. terrestrisch-ökologischer Biogeosphäre-Begriff
Die Gesamtheit der irdischen Lebewesen mitsamt ihrer unbelebten Umwelt einschließlich der Wechselwirkungen der Lebewesen untereinander und mit ihrer unbelebten Umwelt. ökologischer Biogeosphäre-Begriff
  • Biosphäre-Geosphäre
  • Geosphäre-Biosphäre

Abiotische Biogeosphäre

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Der erste Biogeosphäre-Begriff wurde 1954 vom tschechischen Ökologen Alois Zlatník eingeführt.[1][2] Zlatník bezeichnete jene Erdräume als Biogeosphäre, deren abiotische Umweltfaktoren – also deren Physiosystem[3] – die Ansiedlung und den Erhalt von Lebewesen möglich machen. Zlatníks Biogeosphäre-Begriff ist demnach ein Synonym für die Physiosphäre.[4][5][6]

Terrestrisch-biotische Biogeosphäre

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Der zweite Biogeosphäre-Begriff wird gelegentlich auf den sowjetischen Geobotaniker Nikolai Vladislavovich Dylis zurückgeführt.[7][8][9] Er stammt jedoch ursprünglich wahrscheinlich von Vladimir Nikolayevich Sukachev,[10] der mit Dylis zusammenarbeitete.[11] Der zweite Biogeosphäre-Begriff bezeichnet die festländischen Anteile der globalen Biozönose[12] – also der Biosphäre in ihrer Begriffsbedeutung nach Pierre Teilhard de Chardin.[13] Dieser terrestrisch-biotische Biogeosphäre-Begriff wurde Mitte der 1970er Jahre in den deutschen Sprachraum eingeführt vom Geobotaniker Heinrich Karl Walter.[14] Der deutsch-russische Naturwissenschaftler legte sehr viel Wert darauf, die Biozönose der Festländer (-geo-) klar abzugrenzen von der Biozönose der Gewässer (-hydro-), letztere nannte er folgerichtig Biohydrosphäre.

Heinrich Walter ersetzte etwas später das Wort Biogeosphäre (und damit auch Biohydrosphäre) durch das von ihm selbst geprägte – inhaltlich aber gleichbedeutende – Wort Geobiosphäre (und damit auch Hydrobiosphäre).[15] Mit der Wortänderung wurde die Biozönose der Festländer schon im ersten Wortteil (Geo-) von vornherein klar abgrenzbar von der Biozönose der Gewässer (Hydro-). Heinrich Walter benutzte seine neuen Wörter allerdings nicht sonderlich stringent und schrieb schließlich in seinem späten Hauptwerk wieder von den älteren Begriffen der Biogeosphäre und der Biohydrosphäre.[16]

Terrestrisch-ökologische Biogeosphäre

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In den späten 1950ern wurde ein sehr einflussreiches Buch des Geowissenschaftlers Pierre Teilhard de Chardin veröffentlicht.[17] Darin schrieb er unter anderem von den Begriffen Biosphäre und Geosphäre, wobei Pierre Teilhard de Chardin unter der Biosphäre die globale Biozönose verstand, während er mit dem Begriff Geosphäre deren unbelebte Umwelt ansprach.

Im Wortkonstrukt der Bio-Geo-Sphäre interagieren der Bios-Wortteil mit dem Geos-Wortteil. Wegen des Einflusses von Pierre Teilhard de Chardin lag es nahe, Biogeosphäre als einen Begriff zu verstehen, der ebendiese verbindende Wechselbeziehung des Lebens mit seiner unbelebten Umwelt in ihrer globalen Gesamtheit umfasste. Die Biogeosphäre bezeichnete dann aber weder das Physiosystem noch die Biozönose des globalen Ökosystems. Stattdessen meinte die Biogeosphäre das globale Ökosystem in seiner Gesamtheit.

Ein solches gesamt-ökologisches Verständnis des Biogeosphäre-Begriffs spaltete sich schon in den 1970ern ab vom terrestrisch-biotischen Biogeosphäre-Begriff, ohne letzteren jedoch vollständig ablösen zu können (wegen der schon erwähnten Tätigkeit von Heinrich Walter). So entstand zuerst noch ein immer an die Festländer gebundener, somit terrestrisch-ökologischer Biogeosphäre-Begriff: die Gesamtheit der festländischen Ökosysteme der gesamten Erde.[18] Innerhalb des Begriffs gewann der Geos-Anteil also eine Doppelbedeutung, denn er stand sowohl für abiotisch als auch gleichzeitig für terrestrisch.

Ökologische Biogeosphäre

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Vom terrestrisch-ökologischen Biogeosphäre-Begriff war es nur noch ein kleiner Schritt zur Ausweitung auf alle Ökosysteme der Erde. Tatsächlich wurde diese semantische Entwicklung auch durchlaufen.[19] Seitdem können mit dem Begriff Biogeosphäre alle Ökosysteme der gesamten Erde angesprochen werden.[20][21] Somit wurde schließlich der Begriff von der Biogeosphäre – auch Geosphäre-Biosphäre[22][23] oder Biosphäre-Geosphäre[24] – zu einem Synonym für die Ökosphäre.

Einzelnachweise

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  1. S. M. Stoiko: Základy ekologie - Book Review [Rezension über A. Zlatník, J. Pelikán, M. Stolina: Základy ekologie. Praha 1973]. In: The Soviet journal of ecology. 7, 1976, S. 91.
  2. G. Schaub, T. Turek: Energy Flows, Material Cycles and Global Development. Berlin/Heidelberg 2011, S. 28.
  3. H. Leser: Landschaftsökologie. Stuttgart 1997.
  4. getreu E. Neef: Topologische und chorologische Arbeitsweisen in der Landschaftsforschung. In: Petermanns Geographische Mitteilungen. 107, 1963, S. 249–259.
  5. explizit bei H. Hambloch: Allgemeine Anthropogeographie. In: Erdkundliches Wissen. 31, 1972, Beiheft zu Geographische Zeitschrift. 60, 1972, S. 7.
  6. H. Klug, R. Lang: Einführung in die Geosystemlehre. Darmstadt 1983, S. 46.
  7. V. Bednář: The Biosphere of the Earth as a planetary Ecosystem. In: Biologica. 15, 1974, S. 14.
  8. В. Н. Сукачев, Н. В. Дылис: Основы лесной биогеоценологии. Москва 1964, S. 489 ff.
  9. N. V. Dylis: Principles of construction of a classification of forest biogeocoenoses. In: V. N. Sukachev, N. V. Dylis (Hrsg.): Fundamentals of Forest Biogeocoenology. Edinburgh/London 1969, S. 572 ff.
  10. V. N. Sukachev: General principles and procedure in the study of forest types. 1958, S. 7.
  11. V. N. Sukachev, N. V. Dylis (Hrsg.): Fundamentals of Forest Biogeocoenology. Edinburgh/London 1969, S. 2.
  12. Н. В. Дылис: Структура лесного биогеоценоза. Москва́ 1969.
  13. P. Teilhard de Chardin: La Place de l'Homme dans la Nature. Paris 1956.
  14. H. Walter: Vegetationszonen und Klima: Die ökologische Gliederung der Biogeosphäre. Stuttgart 1977.
  15. H. Walter: Vegetation of the Earth and Ecological Systems of the Geobiosphere. Heidelberg 1979 – Dies war die englische Übersetzung der dritten deutschen Auflage (Übersetzung: J. Wieser): H. Walter: Vegetationszonen und Klima: Die ökologische Gliederung der Biogeosphäre. Stuttgart 1977 – Die nächste, vierte deutsche Auflage übernahm die Nomenklatur der englischen Übersetzung: H. Walter: Vegetation und Klimazonen: Die ökologische Gliederung der Geo-Biosphäre. Stuttgart 1979.
  16. H. Walter, S.-W. Breckle: Ökologie der Erde. Band 1: Grundlagen. Stuttgart 1991, S. 2.
  17. Pierre Teilhard de Chardin: La Place de l'Homme dans la Nature. Paris 1956.
  18. W. Larcher: Physiological plant ecology. New York 1975, S. 3.
  19. H. Leser: Landschaftsökologie. Stuttgart 1997, S. 222.
  20. R. Pott: Allgemeine Geobotanik. Berlin 2005, S. 33.
  21. M. Munasinghe: Making development more sustainable. Colombo 2007, S. 65.
  22. National Research Council: Global Change in the Geosphere-Biosphere: Initial Priorities for an IGBP. Washington 1986.
  23. W. v Bloh, C. Bounama, S. Franck: Cambrian explosion triggered by geosphere-biosphere feedbacks. In: Geophysical Research Letters. 30, 2003, S. 1963.
  24. E. Erba: The first 150 million years history of calcareous nannoplankton: Biosphere–geosphere interactions. In: Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology. 232, 2006, S. 237–250.