Rostbauchamazilie

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Lesson-Amazilie)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Rostbauchamazilie

Rostbauchamazilie

Systematik
Klasse: Vögel (Aves)
Ordnung: Seglervögel (Apodiformes)
Familie: Kolibris (Trochilidae)
Gattung: Amazilia-Kolibris (Amazilis)
Art: Rostbauchamazilie
Wissenschaftlicher Name
Amazilis amazilia
(Lesson & Garnot, 1827)

Die Rostbauchamazilie (Amazilis amazilia, Syn.: Amazilia amazilia), manchmal auch Lessonamazilie genannt, ist eine Vogelart aus der Familie der Kolibris (Trochilidae). Die Art hat ein großes Verbreitungsgebiet, das die südamerikanischen Länder Peru und Ecuador umfasst. Der Bestand wird von der IUCN als „nicht gefährdet“ (least concern) eingeschätzt.

Die Rostbauchamazilie erreicht eine Körperlänge von etwa 9 bis 10 cm, wovon der rote Schnabel mit schwarzer Spitze ca. 18 bis 21 mm ausmacht. Der Kopf und der Rücken glänzen metallisch grün, wobei die Oberflügeldecken etwas matter und dunkler sind. Die Schwungfedern sind braun mit leichtem Kupferstich. Der Bürzel und die Oberschwanzdecken sind rostrot. Die Kehle glitzert bläulich grün. Die Brust, der Bauch und die Unterschwanzdecken sind rostrot, wobei die Unterschwanzdecken weiß gesäumt sind.[1]

Verbreitung und Lebensraum

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Rostbauchamazilien bewegen sich vorwiegend in Wüstengestrüpp, in Buschland, in Laubwäldern und in den Gärten der Tiefebenen.[2] Meist sind sie nur in Höhen unter 1000 Metern, regional aber auch bis zu 2400 Meter zu finden.[1] Wenngleich sie trockene Gebiete zu bevorzugen scheinen, kommen sie gelegentlich auch in feuchteren Gebieten vor.[2]

Die Rostbauchamazilie ernährt sich vom Nektar der Gattungen Erythrina, Psittacanthus und anderer Blütenkronen mittlerer Größe. Sie fängt auch kleine Insekten und Spinnen. Das Männchen verhält sich territorial. Es wurden Nahrungskonkurrenten mit anderen Kolibriarten wie dem Baerkolibri (Leucippus baeri) und der Kurzschwanzelfe (Myrmia micrura) sowie mit dem Zuckervogel (Coereba flaveola) beobachtet.[3]

Die Rostbauchamazilie brütet ganzjährig. Nester der Unterart A. a. alticola wurden im November bis März beobachtet. Sie sind becherförmig, 3 cm hoch und aus Pflanzenwolle, braunen Fasern und weißen Haarkelchen gebaut – manchmal außen mit Flechten verziert – und mit Spinnweben befestigt. Als Nistplätze werden die Enden überhängender und flacher Äste oder auch horizontaler Äste etwa 1–5 m über dem Boden gewählt. In Ecuador wurden Nester in Zypressen- und Korallenbaumgesträuch gefunden. Das Gelege besteht aus zwei weißen Eiern, die Brutzeit beträgt 16–18 Tage. Es brütet allein das Weibchen. Die Küken sind schwärzlich mit gelbbraunem Flaum und wiegen zwei Tage nach dem Schlüpfen 0,5 g. Mit 17–25 Tagen werden sie flügge.[4]

Lautäußerungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Ruf klingt wie eine Serie von keuchendem Geschnatter und Trällern. Das Geschnatter von A. a. amazilia klingt wie ein abnehmendes seet seeuuu. Der Ruf von A. a. leucophoea klingt ähnlich, doch sind die seet see sew su so-Rufe etwas ausgedehnter. Der Ruf von A. a. dumerilii hört sich wie ein kurzes jert mit Geratter oder gelegentlich wie ein liebliches tsip an.[1]

Verbreitungsgebiet der Rostbauchamazilie

Bisher sind sechs Unterarten bekannt:[5]

  • Amazilia amazilia alticola Gould, 1860[6] kommt im Süden Ecuadors vor. Sie ähnelt A. a. leucophoea, ist aber deutlich größer. Dazu weisen Wangen und Nackenseiten weniger goldengrüne Färbungen auf. Die Unterseite ist deutlich weißer gefärbt.[7]
  • Amazilia amazilia azuay Krabbe & Ridgely, 2010[8] ist im Südwesten Ecuadors verbreitet. Sie ähnelt A. a. alticola, unterscheidet sich aber durch die deutlich weißere Unterseite mit nur wenig Rostbraun.[9]
  • Amazilia amazilia dumerilii (Lesson, 1832)[10] kommt im Westen Ecuadors sowie im Nordwesten Perus vor. Sie unterscheidet sich von der Nominatform durch einen weißen Fleck im unteren Halsbereich und Bauch. Der Schwanz ist überwiegend grün.[1]
  • Amazilia amazilia leucophoea Reichenbach, 1854[11] ist im Nordwesten Perus verbreitet. Sie ähnelt A. a. dumerilii, von der sie sich durch den rötlichbraunen Schwanz unterscheidet.[1]
  • Amazilia amazilia amazilia (Lesson & Garnot, 1827)[12] – die Nominatformkommt im Westen Perus vor.
  • Amazilia amazilia caeruleigularis Carriker, 1933[13] findet man im Südwesten Perus. Im Gegensatz zur Nominatform ist die gesamte Kehle glitzernd blau.[13]

Laut André-Alexander Weller vom Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig könnte A. a. alticola aufgrund von Unterschieden in ihrem natürlichen Lebensraum und ihrer Vokalisierung eine eigene Art sein.[14] Das South American Check-list Committee zweifelt den Artstatus 2021 weiterhin an und fordert mehr Forschungsarbeiten zu diesem komplexen Thema.[15][16]

Etymologie und Forschungsgeschichte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

René Primevère Lesson und Prosper Garnot beschrieben die Rostbauchamazilie unter dem Namen Orthorhynchus Amazilia.[12] Das Typusexemplar stammte aus Callao. Erst später wurde sie der Gattung Amazilia zugeschlagen. Oft findet man in der Literatur Lesson als einzigen Autoren. Da die Lieferung 4 der Tafeln vor der Erstbeschreibung durch Lesson im Jahre 1828 erschienen ist, gelten aber beide als Erstautoren.[17] Das Wort Amazilia stammt aus einem Roman von Jean-François Marmontel, der in Les Incas, ou La destruction de l'empire du Pérou von einer Inkaheldin namens Amazili berichtet.[12] Das Wort alticola ist ein Wortgebilde aus den lateinischen Wörtern altus für „hoch“ und -cola, colere für „Bewohner, bewohnen“.[18] Das Wort azuay steht für die ecuadorianische Provinz Azuay.[19] Mit dumerilii ehrte Lesson André Marie Constant Duméril für seine zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten, die mit seinem Namen verbunden sind.[20] Das Wort leucophoea leitet sich vom griechischen Wort λευκοφαής leukophaḗs für „weiß schimmernd“ ab.[21] Ein weiteres lateinisches Wortgebilde ist caeruleigularis, welches aus caeruleus für „dunkelblau“ und -gularis, gula von „-kehlig, Kehle“ zusammensetzt.[22]

  • Thomas Scott Schulenberg, Douglas Forrester Stotz, Daniel Franklin Lane, John Patton O’Neill, Theodore Albert Parker III: Birds of Peru. Princeton University Press, Princeton, New Jersey 2007, ISBN 978-0-7136-8673-9.
  • Robert S. Ridgely, Paul J. Greenfield: Birds of Ecuador Field Guide. Status, Distribution, and Taxonomy. Band 1. Princeton University Press, Princeton 2001, ISBN 0-8014-8720-X (a).
  • Robert Sterling Ridgely, Paul J. Greenfield: Birds of Ecuador Field Guide. Field Guide. Band 2. Princeton University Press, Princeton 2001, ISBN 0-8014-8720-X (b).
  • Melbourne Armstrong Carriker, Jr.: Description of new birds from Peru, with notes on other little-known species. In: Proceedings of the Academy of Natural Sciences of Philadelphia. Band 85, 1933, S. 1–38 (books.google.ca [abgerufen am 10. Februar 2014]).
  • James A. Jobling: Helm Dictionary of Scientific Bird Names. Christopher Helm, London 2010, ISBN 978-1-4081-2501-4.
  • Heinrich Gottlieb Ludwig Reichenbach: Aufzählung der Colibris oder Trochilideen in ihrer wahren natürlichen Verwandtschaft, nebst Schlüssel ihrer Systematik. In: Journal für Ornithologie. Band 2, Extraheft, 1854, S. 1–24 (biodiversitylibrary.org [abgerufen am 10. Februar 2014]).
  • René Primevère Lesson: Histoire Naturelle des Colibris, suivie d’un supplement a l’histoire naturelles des Oiseaux-Mouches; Ouvrage orné de planches dessinées et gravées par les meilleurs artistes, et dédié à M. le Baron Cuvier. Arthus-Bertrand, Paris 1830 (Textarchiv – Internet Archive).
  • René Primevère Lesson, Prosper Garnot: Voyage autour du monde exécuté par Ordre du Roi, sur la Corvette de Sa Majesté, La Coquille pendant les années 1822, 1823, 1824 et 1825, sous le ministère et conformément aux instructions de S. E. M. Marquis de Clermont-Tonnerre, ministre de la marine; et publié sou les auspices de son excellence Mgr le Cte de Chabrol, ministre de la Marine et des colonies, par M. L. Dupppery, capitaine de frégate. chevalier de Saint-Louis et membre de la legion d’honaire, commandant de l'expédition. Band 1: Zoologie, Nr. 2. Arthus-Bertrand, Paris 1828 (biodiversitylibrary.org [abgerufen am 10. Februar 2014]).
  • Niels Kaare Krabbe, Robert Sterling Ridgely: A new subspecies of Amazilia Hummingbird Amazilia amazilia from southern Ecuador. In: Bulletin of the British Ornithologists’ Club. Band 130, Nr. 1, 2010, S. 3–7.
  • John Gould: Description of twenty-two new species of Humming-birds. In: Proceedings of the Zoological Society of London. Band 28, 1860, S. 304–312 (biodiversitylibrary.org [abgerufen am 10. Februar 2014]).
  • in Louis Isadore Duperrey: Voyage autour du monde exécuté par Ordre du Roi, sur la Corvette de Sa Majesté, La Coquille pendant les années 1822, 1823, 1824 et 1825, sous le ministère et conformément aux instructions de S. E. M. Marquis de Clermont-Tonnerre, ministre de la marine; et publié sou les auspices de son excellence Mgr le Cte de Chabrol, ministre de la Marine et des colonies, par M. L. Dupppery, capitaine de frégate. chevalier de Saint-Louis et membre de la legion d'honaire, commandant de l'expédition. Band 2: Atlas, Mammifères, Oiseaux (Tafel 31, Figur 3). Arthus-Bertrand, Paris 1830 (biodiversitylibrary.org [abgerufen am 10. Februar 2014]).
  • John Todd Zimmer, Wilfred Hudson Osgood: Catalogue of the Edward E. Ayer Ornithological Library. In: Field Museum of Natural History. Band 16, 239 (Teil 1), 1926, S. 1–364 (biodiversitylibrary.org [abgerufen am 16. Februar 2014]).
  • André-Alexander Weller: Biogeography, geographic variation and habitat preference in the Amazilia Hummingbird, Amazilia amazilia Lesson (Aves: Trochilidae), with notes on the status of Amazilia alticola Gould. In: Journal für Ornithologie. Band 141, Nr. 1, 2000, S. 93–101, doi:10.1007/BF01651776.
Commons: Rostbauchamazilie (Amazilia amazilia) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b c d e Thomas Scott Schulenberg u. a., S. 250.
  2. a b Robert Sterling Ridgely u. a. (2001a), S. 356.
  3. André Alexander Weller, Guy M. Kirwan, Peter F. D. Boesman: Amazilia Hummingbird – Amazilis amazilia – Diet and Foraging. In: birdsoftheworld.org. Birds of the World, Cornell Lab of Ornithology, Ithaca, NY, USA, 2021, abgerufen am 11. Januar 2023 (englisch).
  4. André Alexander Weller, Guy M. Kirwan, Peter F. D. Boesman: Amazilia Hummingbird – Amazilis amazilia – Breeding. In: birdsoftheworld.org. Birds of the World, Cornell Lab of Ornithology, Ithaca, NY, USA, 2021, abgerufen am 11. Januar 2023 (englisch).
  5. IOC World Bird List Hummingbirds
  6. John Gould, S. 309.
  7. André-Alexander Weller, S. 96.
  8. Niels Kaare Krabbe u. a., S. 3.
  9. Robert Sterling Ridgely u. a. (2001b), S. 263.
  10. René Primevère Lesson (1832), S. 172 (Tafel 36).
  11. Heinrich Gottlieb Ludwig Reichenbach, S. 24.
  12. a b c René Primevère Lesson u. a. (1827), S. 683 (Tafel 3).
  13. a b Melbourne Armstrong Carriker, Jr., S. 6.
  14. André-Alexander Weller
  15. Proposal (#138) to South American Check-list Committee Recognize Amazilia alticola as a species distinct from A. amazilia (Memento des Originals vom 11. April 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.museum.lsu.edu (englisch).
  16. 2021-C-7: Add Amazilia Hummingbird Amazilis amazilia to the Main List. In: americanornithology.org. American Ornithological Society, Chicago, 2021, abgerufen am 11. Januar 2023 (englisch).
  17. John Todd Zimmer u. a., S. 188. Hier wird eine Ausführliche Begründung zum Corakolibri gegeben. Der Fall der Rostbauchamazilie ist analog zu behandeln. Zimmers Analyse folgen auch Edward Clive Dickinson, Leslie K. Overstreet, Robert Jack Dowsett, Murray D. Bruce: Priority! The Dating of Scientific Names in Ornithology. A Directory to the Literature and its Reviewers. Aves Press, Eastbourne 2011, ISBN 978-0-9568611-1-5.
  18. James A. Jobling S. 43
  19. Niels Kaare Krabbe u. a., S. 6.
  20. René Primevère Lesson (1832), S. 173.
  21. James A. Jobling S. 224.
  22. James A. Jobling S. 82.