Heinrich Bechhold

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Heinrich Jacob Bechhold)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Heinrich Bechhold (aus einem Gruppenfoto des Ehrlich-Teams)
Stolperstein für Bechhold in der Niederräder Landstr. 46–48, Frankfurt am Main

Heinrich Jakob Bechhold (geboren 13. November 1866 in Frankfurt am Main; gestorben 17. Februar 1937 ebenda) war ein deutscher Chemiker, bekannt für Arbeiten zur Kolloidchemie in der Medizin.

Bechholds Vater war der Frankfurter Buchhändler und Verleger Heinrich Hirsch Bechhold (1829–1909), der 1859 einer der Mitbegründer des Freien Deutschen Hochstifts war. 1885 legte Bechhold seine Reifeprüfung in der Wöhlerschule ab.

Nach dem Besuch des Realgymnasiums studierte Heinrich Jakob Bechhold in Freiburg, Straßburg, Berlin und Heidelberg Medizin, Physik und Chemie. 1889 promovierte er in Berlin (Beitrag zur Kenntnis der Amidophenole). Danach bereiste er Lappland, Italien, Nordafrika und Spanien.[1] Ab 1896 war er als Publizist tätig. Er gründete 1897 die Wochenzeitschrift Die Umschau, die er bis zu seinem Tod leitete. Sie erschien erstmals am 21. Januar 1897 mit dem Untertitel „Übersicht über die Fortschritte und Bewegungen auf dem Gesamtgebiet der Wissenschaften, Technik, Literatur und Kunst“ im Verlag, den sein Vater gegründet hatte (H. Bechhold Verlagsbuchhandlung). Er verfasste hunderte wissenschaftliche Artikel für „Die Umschau“ und redigierte tausende Beiträge anderer. 1927 wurde der Verlag von der Brönner'schen Druckerei übernommen, der sich später in „Umschau-Verlag“ umbenennen sollte. Die Zeitschrift erschien bis 1986.

Seit 1903 war Bechhold Mitglied des Instituts für experimentelle Therapie von Paul Ehrlich. 1910 wurde er dort zum Professor und Leiter des Biochemischen Labors. 1911 stiftete sein Schwiegervater Theodor Neubürger ein Institut für Kolloidforschung, dessen Direktor Bechhold wurde. Während des Ersten Weltkriegs stellte er verschiedene Impfstoffe, etwa gegen Typhus und Cholera her. 1916 habilitierte er sich in Frankfurt in medizinischer Physikalischer Chemie. Im Deutschen Reich wurde 1935 seine Lehrbefugnis (er war nichtbeamteter außerordentlicher Professor) aufgrund seiner jüdischen Herkunft (er selbst war konfessionslos)[2] für „erloschen“ erklärt.

1935 wohnte er in Frankfurt am Main, Niederräder Landstraße 26. 1937 beging Bechhold Suizid.[1][2] Ein Stolperstein in Frankfurt-Niederrad vor dem Wohnhaus Niederräder Landstraße 46–48 erinnert an ihn. Der Hinweis auf einen Suizid ist umstritten. Es gibt vermutlich keine Quelle (mehr), die dies belegt – jedoch zahlreiche Veröffentlichungen mit biografischen Hinweisen, ohne dass ein Suizid genannt wird. So gibt es keinen Hinweis in: „Die Juden der Frankfurter Universität“ von Heuer/Wolf; „Die Geschichte der Frankfurter Juden seit der Französischen Revolution. Bd. 3“ von Arnsberg; „Kurzbiografie zur Geschichte der Juden 1918-1945“ von Joseph Wald; „Neue Deutsche Biografie“ von Rolf Jäger; „Die Umschau“, 1937 (H. 9). Dagegen findet sich in der Bescheinigung über die ärztliche Leichenschau vom 18. Feb. 1937 im Gagernkrankenhaus in Frankfurt der Hinweis: Todesursache Sepsis. Auch in der Rektoratsakte und der Personalhauptakte der Universität Frankfurt wird kein Suizid genannt. Einen Hinweis auf „Freitod“ gibt es zwar in der „Frankfurter Biografie“ (Erster Band, 1994) – allerdings ohne eine einzige Quellenangabe und in „Die Vertreibung von Wissenschaftlern aus den deutschen Universitäten 1933 - 1945“ von Michael Grüttner und Sven Kinas. In diesem Werk werden als Quelle die beiden o.a. Universitätsakten genannt, die keinen Hinweis liefern und ein Hefter „Institut für Kolloidforschung (1921-1970)“ aus dem Frankfurter Institut zur Geschichte der Medizin, der allerdings nicht mehr auffindbar ist.

Bechhold war seit 1896 mit Johanna Neubürger verheiratet. Das Paar blieb kinderlos. Seine Ehefrau verließ 1938 Deutschland und ließ sich in der Schweiz nieder.

Wissenschaftliche Arbeit

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1907 erfand er die Ultrafiltration und 1925 die Elektro-Ultrafiltration. Er erfand auch keimsichere Filter (1926) und ein Desinfektionsverfahren über Adsorption. 1931 veröffentlichte er eine Arbeit, wie die Größe von Viren mit Zentrifugieren bestimmt werden konnte. Er hatte viele Schüler, die in aller Welt vergleichbare Institute gründeten, während sein Institut in Deutschland lange das einzige derartige Institut (Kolloidforschung in der Medizin) blieb. 1899 zeigte er, dass Fettabfälle durch Mikroorganismen in Kläranlagen abgebaut werden.

Ehrungen und Mitgliedschaften

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1930 erhielt er den Laura-R.-Leonard-Preis der Kolloid-Gesellschaft. Im Jahr 1932 wurde er zum Mitglied der Leopoldina gewählt. Er war korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Zaragossa.

Werke (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Beiträge zur Kenntnis der Amidophenole. Buchdruckerei von Max Bading, Berlin 1889 (Dissertation).
  • Die Kolloide in Biologie und Medizin. Steinkopff, Dresden 1912, 5. Auflage 1929 (Das Buch wurde auch ins Englische übersetzt) (Digitalisat der 2. Auflage 1919).
  • Hrsg.: Handlexikon der Naturwissenschaften und Medizin. Bechhold, Frankfurt 1894 (in einem Band), Frankfurt 1919, 1923 (in zwei Bänden).
  • Über die Hämolyse durch Quecksilber und Quecksilberverbindungen. Fischer, Jena 1920 (Arbeiten aus dem Institut für Experimentelle Therapie und dem Georg-Speyer-Hause zu Frankfurt a. M.; 11).
  • (Hrsg.): Einführung in die Lehre von den Kolloiden. Steinkopff, Dresden 1934 (Kolloidkurse des Instituts für Kolloidforschung zu Frankfurt a. M.; 1).
Commons: Jakob Bechhold – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b Eintrag Heinrich Bechhold in Deutsche Biographische Enzyklopädie, K. G. Saur
  2. a b Michael Grüttner, Sven Kinas, Die Vertreibung von Wissenschaftlern aus den deutschen Universitäten 1933–1945, Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Band 55, 2007, Heft 1, S. 163