In der mathematischen Analysis gehört die Höldersche Ungleichung zusammen mit der Minkowski-Ungleichung und der jensenschen Ungleichung zu den fundamentalen Ungleichungen für Lp-Räume. Sie wurde zuerst von Leonard James Rogers im Jahre 1888 bewiesen, benannt ist sie nach Otto Hölder, der sie ein Jahr später veröffentlichte[1].
Gegeben sei ein Maßraum
und messbare Funktionen
![{\displaystyle f,g\colon X\to {\overline {\mathbb {R} }}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/ad38ba1df2a27e01e946b11357b4e4f5b850bf3e)
Für
und mit der Konvention
definiert man
![{\displaystyle H_{p}(f)=\left(\int _{X}|f|^{p}\mathrm {d} \mu \right)^{\tfrac {1}{p}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/7cf9b093cdba995a203d164de062aa5d6df94793)
und
![{\displaystyle H_{\infty }(f)=\mathrm {ess} \sup _{x\in X}|f(x)|}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/d1a99c470ebc5d539b3701ae2bb42021f71a4496)
das wesentliche Supremum. Die Hölder-Ungleichung lautet dann: für
mit
, wobei
vereinbart ist, gilt
![{\displaystyle H_{1}(fg)\leq H_{p}(f)\cdot H_{q}(g)}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/80df07be0686bd5c0c7622380ab5c9b9b94e0bf2)
Man bezeichnet
als den zu
konjugierten Hölder-Exponenten. Spezieller wird die Ungleichung auch wie folgt formuliert: Ist
der Raum der
-fach Lebesgue-integrierbaren Funktionen (siehe Lp-Raum) und ist
die Lp-Norm, so gilt für
immer
.
Wählt man als Maßraum
, also ein reelles Intervall versehen mit dem Lebesgue-Maß und zwei Funktionen
, so lautet die Hölder-Ungleichung mit
![{\displaystyle \int _{a}^{b}|fg|\mathrm {d} \lambda \leq \left(\int _{a}^{b}|f|^{2}\mathrm {d} \lambda \right)^{\tfrac {1}{2}}\cdot \left(\int _{a}^{b}|g|^{2}\mathrm {d} \lambda \right)^{\tfrac {1}{2}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/8ebc98ea16ba9f504e579e07bd7b205d6a6b3e6d)
Dies ist genau die Schwarzsche Ungleichung beziehungsweise die Integralformulierung der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung.
Wählt man als Maßraum die endliche Menge
, versehen mit der Potenzmenge und ausgestattet mit dem Zählmaß, so erhält man als Spezialfall die Ungleichung
![{\displaystyle \sum _{k=1}^{n}|x_{k}y_{k}|\leq \left(\sum _{k=1}^{n}|x_{k}|^{p}\right)^{1/p}\left(\sum _{k=1}^{n}|y_{k}|^{q}\right)^{1/q},}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/2a36d0b2bfc041fa67d09950f69f0e5d2df96da2)
gültig für alle reellen (oder komplexen) Zahlen
. Für
erhält man die Cauchy-Ungleichung (beziehungsweise die diskrete Formulierung der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung)
![{\displaystyle |\langle x,y\rangle |\leq \|x\|_{2}\cdot \|y\|_{2}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/c9b1c5394fd587118dad82958b3063660a279d7f)
Wählt man als Grundmenge des Maßraumes die natürlichen Zahlen
, wieder versehen mit der Potenzmenge und dem Zählmaß, so erhält man die Höldersche Ungleichung für Reihen
.
für reelle oder komplexe Folgen
. Im Grenzfall
entspricht dies
.
Es seien
sowie
und
für alle
.
Dann folgt
![{\displaystyle \prod _{j=1}^{m}f_{j}\in L^{r}(S)}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/a71eb2ccd9772f0119056a4a1f7b8ff328e9faa2)
und es gilt die Abschätzung
![{\displaystyle \left\|\prod _{j=1}^{m}f_{j}\right\|_{r}\leq \prod _{j=1}^{m}\left\|f_{j}\right\|_{p_{j}}.}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/f62cfcef58894f8d4c209cbda6c8111849eb9e6f)
Als Korollar dieser Verallgemeinerung ergibt sich der folgende Satz.
Falls
eine Familie von
Folgen nicht-negativer reeller Zahlen ist, und
nicht-negative reelle Zahlen mit
sind, so gilt
![{\displaystyle \sum _{i=1}^{n}\prod _{j=1}^{m}a_{i,j}^{\lambda _{j}}\leq \prod _{j=1}^{m}\left(\sum _{i=1}^{n}a_{i,j}\right)^{\lambda _{j}}.}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/cc60dd034368026e7d1dddd5ffa660f740f026ee)
Es sei
für fast alle
.
Dann gilt für alle
die umgekehrte Höldersche Ungleichung
![{\displaystyle \int _{S}|f(x)g(x)|dx\geq \left(\int _{S}|f(x)|^{\frac {1}{r}}dx\right)^{r}\left(\int _{S}|g(x)|^{-{\frac {1}{r-1}}}dx\right)^{-(r-1)}.}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/18237282a7cd6354d8ebd350155ea6a6f5890395)
Für
(und umgekehrt) ist die Aussage der Hölderschen Ungleichung trivial. Wir nehmen daher an, dass
gilt. Ohne Einschränkung seien
und
. Nach der youngschen Ungleichung gilt:
![{\displaystyle AB\leq {\frac {A^{p}}{p}}+{\frac {B^{q}}{q}}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/8eb17503d5c9b8f20bb1af8b664e22794ce35b32)
für alle
. Setze hierin speziell
ein. Integration liefert
![{\displaystyle {\frac {1}{\|f\|_{p}\|g\|_{q}}}\int _{S}|fg|\mathrm {d} \mu \leq {\frac {1}{p}}+{\frac {1}{q}}=1,}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/ce0d5718e4232ab470c5af727a4e30632899404c)
was die Höldersche Ungleichung impliziert.
Der Beweis wird per vollständiger Induktion über
geführt. Der Fall
ist trivial. Sei also nun
und ohne Einschränkung sei
. Dann sind zwei Fälle zu unterscheiden:
Fall 1:
Dann ist
Nach Induktionsvoraussetzung gilt dann
![{\displaystyle \|f_{1}\cdots f_{m}\|_{r}\leq \|f_{m}\|_{\infty }\|f_{1}\cdots f_{m-1}\|_{r}\leq \|f_{m}\|_{\infty }\|f_{1}\|_{p_{1}}\cdots \|f_{m-1}\|_{p_{m-1}}.}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/4a8b48bd760ca488395669013e2321becdb5b705)
Fall 2:
. Nach der (üblichen) Hölderschen Ungleichung für die Exponenten
gilt
![{\displaystyle \int _{S}|f_{1}\cdots f_{m-1}|^{r}|f_{m}|^{r}\mathrm {d} \mu \leq \left(\int _{S}|f_{1}\cdots f_{m-1}|^{\frac {rp_{m}}{p_{m}-r}}\mathrm {d} \mu \right)^{\frac {p_{m}-r}{p_{m}}}\left(\int _{S}|f_{m}|^{p_{m}}\mathrm {d} \mu \right)^{\frac {r}{p_{m}}},}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/7f84f355a0dde3b8649bde0f8688ad4b7e90f934)
also
. Nun ist
. Aus der Induktionsvoraussetzung ergibt sich somit der Induktionsschritt.
Die umgekehrte Höldersche Ungleichung ergibt sich aus der (üblichen) Hölderschen Ungleichung, indem man als Exponenten
und
wählt. Man erhält damit:
![{\displaystyle \int _{S}|f|^{\frac {1}{r}}\mathrm {d} \mu =\int _{S}\left(|fg|^{\frac {1}{r}}\cdot |g|^{-{\frac {1}{r}}}\mathrm {d} \mu \right)\leq \left(\int _{S}|fg|\mathrm {d} \mu \right)^{\frac {1}{r}}\left(\int _{S}|g|^{-{\frac {r'}{r}}}\mathrm {d} \mu \right)^{\frac {1}{r'}}.}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/91a49bc284c2238be8cbaed333d05c6e430a0b03)
Umstellen und potenzieren dieser Ungleichung mit
liefert die umgekehrte Höldersche Ungleichung.
Mit der Hölderschen Ungleichung kann man die Minkowski-Ungleichung (das ist die Dreiecksungleichung im
) leicht beweisen.
Seien
und
, dann folgt
und es gilt die Interpolationsungleichung
![{\displaystyle \|f\|_{p}\leq \|f\|_{p_{0}}^{1-\theta }\|f\|_{p_{1}}^{\theta }}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/0cc46205f8ccadf96caf5b18f999a3ef8fc43979)
mit
beziehungsweise
für
.
Beweis: Ohne Einschränkung sei
. Dies erkennt man durch ausführliche Fallunterscheidung. Fixiere
mit
. Dies ist möglich, da
und
somit auf der Verbindungsstrecke zwischen
und
liegt. Beachte, dass
und
konjugierte Hölder-Exponenten sind. Aus der Hölderschen Ungleichung folgt
.
Potenzieren der Ungleichung mit
und Ausrechnen der Exponenten impliziert die Interpolationsungleichung.
Eine weitere typische Anwendung ist der Beweis der verallgemeinerten youngschen Ungleichung (für Faltungsintegrale)
![{\displaystyle \|f\star g\|_{r}\leq \|f\|_{p}\|g\|_{q}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/c92c75fa38ed6e463812b6ab3aa8044f7b20611a)
für
und
.
- Herbert Amann, Joachim Escher: Analysis III. 1. Auflage. Birkhäuser-Verlag, Basel/Boston/Berlin 2001, ISBN 3-7643-6613-3.
- Jürgen Elstrodt: Maß- und Integrationstheorie. 6., korrigierte Auflage. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2009, ISBN 978-3-540-89727-9, doi:10.1007/978-3-540-89728-6.
- Achim Klenke: Wahrscheinlichkeitstheorie. 3. Auflage. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2013, ISBN 978-3-642-36017-6, doi:10.1007/978-3-642-36018-3.
- ↑ Elstrodt: Maß- und Integrationstheorie. 2009, S. 277.