„Gerichtsverhandlung“ – Versionsunterschied

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von Otto Waalkes
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[[Image:IMTFE2.jpg|thumb|Gerichtsverhandlung im Rahmen der [[Tokioter Prozesse]] 1946]]
Unter einer '''Gerichtsverhandlung''', umgangssprachlich auch '''Gerichtstermin''', seltener auch '''Gerichtssitzung''', versteht man die zur [[Entscheidung (Gericht)|Entscheidung]]<nowiki>sfindung</nowiki> vorgenommene mündliche Erörterung eines Sachverhalts vor [[Gericht]].


Im deutschen [[Strafverfahren]] heißt die Gerichtsverhandlung [[Hauptverhandlung]]. Im [[Zivilprozessrecht (Deutschland)|Zivilprozess]] und in anderen Verfahrensarten (Verwaltungsprozess, Finanzprozess, arbeitsgerichtliches Verfahren, sozialgerichtliches Verfahren) spricht man von '''mündlicher Verhandlung'''.


(Langfassung)
Die Verhandlung vor dem entscheidenden Gericht ist das Kernstück des [[Gerichtsverfahren]]s. In einem nach festen Regeln ([[Prozessrecht]]) ablaufenden Verfahren unter Anwesenheit und Beteiligung der [[Partei (Recht)|Prozessparteien]] und/oder ihrer [[Prozessbevollmächtigter|Bevollmächtigten]] sowie anderer Beteiligter ([[Zeuge]]n, [[Sachverständiger|Sachverständige]] u.&nbsp;s.&nbsp;w.) werden durch den Vortrag und durch die Erörterung des Prozessstoffs die Voraussetzungen für die abschließende Entscheidung des Gerichts geschaffen.


Die Gewährleistung einer Gerichtsverhandlung ist eine Ausprägung des [[Rechtsstaatsprinzip]]s des [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|Grundgesetz]]es. Die Prozessbeteiligten sollen nicht Außenstehende oder Unterworfene des Prozesses sein, sondern aktiv unter Ausübung von [[Verfahrensrecht]]en an der Gestaltung des Gerichtsverfahrens mitwirken. Die Verhandlung ist zentrales Instrument zur Gewährleistung des durch das Grundgesetz verbürgten Anspruchs der Prozessbeteiligten auf Gewährung des [[rechtliches Gehör|rechtlichen Gehörs]]. Das Recht, sich vor dem Gericht in eigenen Angelegenheiten im Rahmen einer Verhandlung äußern zu können, gehört auch zu den [[Menschenrecht]]en. Art. 6 Nr. 1 Satz der [[Europäische Menschenrechtskonvention| Europäischen Menschenrechtskonvention]] [http://conventions.coe.int/Treaty/ger/Treaties/Html/005.htm] lautet:


''"Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird."''


Richter:
Der Bedeutung der Gerichtsverhandlung entsprechend dürfen gerichtliche Entscheidungen in der [[Hauptsache]] (z.&nbsp;B. [[Klage]]verfahren, [[Strafverfahren]]) grundsätzlich nur auf Grund einer gerichtlichen Verhandlung ergehen. Für Nebenverfahren und andere vorbereitende und begleitende Verfahren (z.&nbsp;B. [[Strafbefehl]]sverfahren, [[Prozesskostenhilfe]]verfahren, [[vorläufiger Rechtsschutz]] u.&nbsp;s.&nbsp;w.) gilt das Erfordernis der Verhandlung nicht.


Hohes Gewicht, liebe Geschwollenen, Angenagter!
Das Gerichtsverfahren ist auf die Verhandlung konzentriert. Bei der Entscheidung ist nur das zu verwerten, was Gegenstand der Verhandlung war. Das schriftliche Vorbringen der Parteien vor der Verhandlung dient grundsätzlich nur deren Vorbereitung. Sachanträge und Anträge auf Durchführung einer [[Beweisaufnahme]] ([[Beweisantrag|Beweisanträge]]) müssen in der Verhandlung auch dann ausdrücklich gestellt werden, wenn sie zuvor angekündigt worden sind.


Ihnen wird zur Last gelegt,
Das Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist verzichtbar. Die Entscheidung ergeht in diesem Fall im sogenannten [[schriftliches Verfahren|schriftlichen Verfahren]].


sie hätten an dem Mast gesägt.
Bei ordnungsgemäßer [[Vorladung]] zur mündlichen Verhandlung darf auch in Abwesenheit einer Prozesspartei oder ihres Bevollmächtigten verhandelt und entschieden werden.


Eine ohne notwendige Gerichtsverhandlung ergehende Entscheidung ist (grob) fehlerhaft und ggf. im [[Rechtsmittel]]verfahren aufzuheben. Bei einem Richterwechsel nach einer notwendigen Gerichtsverhandlung kann das Urteil nur von denjenigen Richtern gefällt werden, welche der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung beigewohnt haben (§ 309 ZPO). Gegebenenfalls muss vor den erkennenden Richtern erneut verhandelt werden.


Diesem Recht muss bei der Ausgestaltung des Prozessrechts Rechnung getragen werden. Der Gesetzgeber darf das Gerichtsverfahren nicht so weit vereinfachen und beschleunigen, dass die Prozessparteien nicht wenigstens in einer [[Instanz (Recht)|Instanz]] Zugang zu einer Gerichtsverhandlung erhalten.


Angeklagter:
==Prozessmaxime==

Für gerichtliche Verhandlungen gelten folgende gemeinsame Grundsätze ([[Prozessmaxime]]n):

Ich hab nicht an dem Mast gesägt,

ich hab nur mit dem Ast gefegt.



Richter:

Und dabei hat Sie´s fast geschrägt?



Angeklagter:

Jawohl, als ich den Quast verlegt,

da hab ich mich mit Hast bewegt,

und das hat wohl den Gast erregt,

und der hat dann den Mast zerlegt.



Richter:

Sie haben aber bei der polizeilichen Vernehmung ganz andere Angaben gemacht.

Ich zitiere sie wörtlich:



Ich habe diesen Gast zersägt,

weil er sich auf den Quast gelegt,

dabei hat sich ein Ast bewegt,

vielleicht durch meine Hast erregt.

Doch wer gefälschten Zaster prägt

und Schuh´ aus Alabaster trägt,

wer alle diese Laster pflegt,

verdient, dass ihn der Mast erschlägt.

Das haben sie doch in der Vernehmung gesagt.



Herr Zeuge, können sie diesen Hergang bestätigen?



Zeuge:

Nein, das war ganz anders. Das war so:

Ich hatte mich zur Rast gelegt

und mich mit einem Quast gepflegt.



Richter:

Das tut dich nun gar nichts zur Sache!



Zeuge:

Oh doch!

Ich hatte mich zur Rast gelegt

und mich mit einem Quast gepflegt.

Denn wer schon einmal Bast zersägt,

weiß, dass das keine Hast verträgt.



Richter:

Aber das spielt doch nun überhaupt keine Rolle!



Zeuge:

Doch.

Da hat sich´s im Morast geregt,

und das hat wohl den Mast bewegt.

Und wie der Mast aufs Pflaster schlägt,

da hat er wohl den Gast erlegt.



Richter:

Jetzt bin ich aber fast erregt.

Womit wird denn nun das belegt?



Verteidiger:

Aber Herr Richter, wenn ich als Verteidiger mal etwas dazu sagen darf:

Der Mann ist ein Phantast, der pflegt,

sobald er sich zur Rast gelegt,

zu schrei´n , dass ihn der Mast erschlägt.



Aber zurück zu meinem Mandanten:

Was wird ihm denn zur Last gelegt?

Wenn man in sich das Laster trägt,

und sich der Wunsch nach Zaster regt,

kommt´s vor, dass man den Gast erschlägt,

und ihn dann auf das Pflaster legt.





Richter:

Das genügt, die Beweisaufnahme ist abgeschlossen.

Im Namen des Volkes:



Wenn einer einen Mast zersägt,

weil ihn ein Gymnasiast erregt,

der vor seinem Palast gefegt,

dann wird die Tat mit Knast belegt.

Doch wenn er als Kontrast erwägt,

dass er sein Geld zum Paster trägt,

der auch den Wunsch nach Zaster hegt

dann wird das nicht Knast belegt.

Stattdessen wird der Mast zersägt

und auf das Grab vom Gast gelegt.



Wem dieser Spruch nicht passt, der trägt

die Kosten des Verfahrens. Gezeichnet: Richter Ahrens.



Das Gericht zieht sich zum Besäufnis zurück.

Das Urteil lautet: Freibier!!!!!!!!!




*[[Mündlichkeitsgrundsatz|Mündlichkeit]] - vor dem Gericht wird durch mündlichen Vortrag und Erörterung verhandelt. Die mündliche Besprechung darf nicht durch bloßen Schriftverkehr ersetzt werden. Ausnahme: Verzicht auf mündliche Verhandlung


*[[Unmittelbarkeit]] - die Verhandlung erfolgt in unmittelbarem, direktem Kontakt des Gerichtes zu den Prozessparteien und Prozessbeteiligten an einem vom Gericht bestimmten Ort (dies muss nicht der Sitz des Gerichtes sein) oder mit Hilfe eines durch technische Hilfsmittel vermittelten unmittelbaren visuellen Kontakts (Zuschaltung zu einer elektronischen Konferenz). Eine bloß fernmündliche Verhandlung ([[Telefonkonferenz]]) ist nicht ausreichend.
[[File:Strafjustizzentrum des LG München I - 2. OG (§ 58 Abs. 1 StPO).jpg|thumb|Hinweisschild für Zeugen]]
*[[Öffentlichkeit]] - die (gesamte) Verhandlung, also nicht nur die Verkündung der Entscheidung, muss grundsätzlich unter Beteiligung der Öffentlichkeit erfolgen (§&nbsp;169 Satz 1 [[Gerichtsverfassungsgesetz|GVG]]). Dies soll die Kontrolle der gerichtlichen Tätigkeit durch die Öffentlichkeit gewährleisten und Geheimverfahren und willkürliche Verfahrensweisen verhindern. Ausnahme: Ausschluss der Öffentlichkeit etwa zum Schutz von Jugendlichen, im überwiegenden Interesse von Beteiligten (z.&nbsp;B. [[Disziplinarverfahren]]). Öffentlichkeit meint die persönliche Anwesenheit von Zuhörern, Pressevertretern und anderen unbeteiligten Personen. Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen zum Zwecke der öffentlichen Sendung, Vorführung oder Veröffentlichung ihres Inhalts sind dagegen nicht zulässig (§ 169 Satz 2 [[Gerichtsverfassungsgesetz]]).


*Zeugen dürfen vor ihrer richterlichen Vernehmung eine sie betreffene Gerichtsverhandlung nicht betreten.


{{Rechtshinweis}}


[[Kategorie:Gerichtsorganisation]]
[[Kategorie:Gerichtsorganisation]]




[[en:Trial (law)]]
[[en:Trial (law)]]

Version vom 3. Februar 2011, 19:07 Uhr

von Otto Waalkes


(Langfassung)


Richter:

Hohes Gewicht, liebe Geschwollenen, Angenagter!

Ihnen wird zur Last gelegt,

sie hätten an dem Mast gesägt.


Angeklagter:


Ich hab nicht an dem Mast gesägt,

ich hab nur mit dem Ast gefegt.


Richter:

Und dabei hat Sie´s fast geschrägt?


Angeklagter:

Jawohl, als ich den Quast verlegt,

da hab ich mich mit Hast bewegt,

und das hat wohl den Gast erregt,

und der hat dann den Mast zerlegt.


Richter:

Sie haben aber bei der polizeilichen Vernehmung ganz andere Angaben gemacht.

Ich zitiere sie wörtlich:


Ich habe diesen Gast zersägt,

weil er sich auf den Quast gelegt,

dabei hat sich ein Ast bewegt,

vielleicht durch meine Hast erregt.

Doch wer gefälschten Zaster prägt

und Schuh´ aus Alabaster trägt,

wer alle diese Laster pflegt,

verdient, dass ihn der Mast erschlägt.

Das haben sie doch in der Vernehmung gesagt.


Herr Zeuge, können sie diesen Hergang bestätigen?


Zeuge:

Nein, das war ganz anders. Das war so:

Ich hatte mich zur Rast gelegt

und mich mit einem Quast gepflegt.


Richter:

Das tut dich nun gar nichts zur Sache!


Zeuge:

Oh doch!

Ich hatte mich zur Rast gelegt

und mich mit einem Quast gepflegt.

Denn wer schon einmal Bast zersägt,

weiß, dass das keine Hast verträgt.


Richter:

Aber das spielt doch nun überhaupt keine Rolle!


Zeuge:

Doch.

Da hat sich´s im Morast geregt,

und das hat wohl den Mast bewegt.

Und wie der Mast aufs Pflaster schlägt,

da hat er wohl den Gast erlegt.


Richter:

Jetzt bin ich aber fast erregt.

Womit wird denn nun das belegt?


Verteidiger:

Aber Herr Richter, wenn ich als Verteidiger mal etwas dazu sagen darf:

Der Mann ist ein Phantast, der pflegt,

sobald er sich zur Rast gelegt,

zu schrei´n , dass ihn der Mast erschlägt.


Aber zurück zu meinem Mandanten:

Was wird ihm denn zur Last gelegt?

Wenn man in sich das Laster trägt,

und sich der Wunsch nach Zaster regt,

kommt´s vor, dass man den Gast erschlägt,

und ihn dann auf das Pflaster legt.



Richter:

Das genügt, die Beweisaufnahme ist abgeschlossen.

Im Namen des Volkes:


Wenn einer einen Mast zersägt,

weil ihn ein Gymnasiast erregt,

der vor seinem Palast gefegt,

dann wird die Tat mit Knast belegt.

Doch wenn er als Kontrast erwägt,

dass er sein Geld zum Paster trägt,

der auch den Wunsch nach Zaster hegt

dann wird das nicht Knast belegt.

Stattdessen wird der Mast zersägt

und auf das Grab vom Gast gelegt.


Wem dieser Spruch nicht passt, der trägt

die Kosten des Verfahrens. Gezeichnet: Richter Ahrens.


Das Gericht zieht sich zum Besäufnis zurück.

Das Urteil lautet: Freibier!!!!!!!!!